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Der Geistliche erteilt den Segen und geht dann auf das Paar zu, um zu gratulieren, aber Herr Abl weicht erschrocken zurück, hält sich an der Sessellehne fest und wehrt mit der anderen Hand den Priester ab. »Du Teufel!«, brüllt er und tritt einen Schritt zurück. »Verschwinde! Rettet mich vor diesem Monster!« Ein irritiertes Raunen fährt durch die Gesellschaft. Herr Abl stolpert über die Stufe, die das Kirchenschiff vom Presbyterium trennt, fällt rückwärts auf den Boden und bleibt reglos liegen. Seine Frau stürzt sich auf ihn. Cissy packt Dotties Unterarm und drückt herzhaft
zu. »Au!«, ruft sie aus. »Das hat bestimmt wehgetan!« Die Gäste springen hoch, laufen nach vorn und bilden um den Mann am Boden einen Kreis. Sie starren auf ihn herab. Ein älterer Mann mit kahlem, glänzenden Kopf löst sich aus der Menge und kniet sich neben den akut Erkrankten nieder. Die beiden Schwestern mischen sich unauffällig unter die Gäste. Stimmengewirr bricht los. »Was ist los?«, fragt ein wohlgenährter Mann in einem dunkelblauen, viel zu eng sitzenden Nadelstreif. Es sieht so aus, als würden ihm jeden Moment die Knöpfe vom Sakko weggesprengt werden. »Frag nicht
so blöd!«, sagt eine junge Frau in einem roten, eng anliegenden Kleid, das ihre üppige Weiblichkeit nirgends verbirgt. »Dein Vater ist bloß gestolpert.« Der Mann mit der Glatze neben dem Kranken ruft: »Jemand muss die Rettung rufen! Sofort!« »Wozu das denn?«, fragt der Mann im Nadelstreif. Der Kniende schreit: »Weil sein Herz stehengeblieben ist!« »Okay …«, stammelt der Dicke und fingert in seinen Sakkotaschen herum. »Wo hab ich nur mein Handy?« »Stell dich nicht wie der erste Mensch an!«, mischt sich eine rundliche Dame ein, die Cissy ein wenig ähnlich sieht, aber
um einiges älter ist. »Hier, nimm meins!« »Ich kenn deinen PIN-Code nicht!« »Vater röchelt!«, bemerkt ein anderer Mann. »Seht euch seine Augen an! Wie groß und starr die sind!« »Theo, mach doch was!«, fleht die Ehefrau den Glatzköpfigen an. »Du bist Arzt! Rette ihn!« »Wir müssen reanimieren!«, ruft der Arzt. »Kann mir jemand dabei helfen?« Sämtliche Gäste weichen erschrocken zurück. Nur Dottie tritt vor. »Ich bin in Erster Hilfe geübt!«, sagt sie und begibt sich hinunter auf den Boden. »Mein Name ist Parotti!« »Schon gut!«, sagt der Arzt. »Fangen Sie
an! Es eilt!« Dottie rutscht zum Brustkorb des Bewusstlosen, löst die Krawatte und öffnet dann das Hemd. »Ich mache die Herzdruckmassage«, sagt sie. »Übernehmen Sie die Mund-zu-Mund-Beatmung?« Der Arzt nickt. »Gibt es hier einen Defibrillator?«, fragt er. Der Priester stottert: »Nein! Wir sind … in der Kirche!« »Dann halt ohne!«, sagt der Arzt. »Los geht’s!« Mit voller Kraft drückt Dottie auf die entblößte, dicht und weiß behaarte Brust. Leise zählt sie: »Eins, zwei, drei, vier … zehn, elf … zwanzig, einundzwanzig …« Bei Dreißig beugt sich der Arzt
über das Gesicht des Kranken und bläst Luft in seinen Mund. Danach ist wieder Dottie an der Reihe. So vergehen die Minuten, und eine fast sakrale Stille breitet sich im Kirchenraum aus. »Wo bleibt die Rettung?«, fragt der Doktor schließlich. »Unterwegs!«, ruft jemand. »Es kommt sogar der Hubschrauber.« Irgendwann unterbricht der Arzt die Reanimation und fühlt den Puls. Abrupt fällt die Anspannung von ihm ab. Er drückt Herrn Abl die Lider unter den buschigen Augenbrauen zu. Matt sagt er zu Dottie: »Danke, gute Frau. Sie können aufhören. Es ist vorbei.« »Um Himmels
willen!«, ruft einer der Gäste. »Was ist vorbei?«, kreischt ein anderer. Der Arzt erhebt sich mühselig. »Vielleicht solltet ihr draußen vor der Kirche warten.« Während die Gäste seinem Rat ohne Widerspruch folgen, geht der Doktor zur Jubilarin, die stumm im Altarraum an der Wand lehnt. Er nimmt sie in die Arme. Leise sagt er: »Es tut mir leid, Katharina! Ich konnte nichts mehr für ihn tun. Es tut mir so leid!« »Theo, was … was ist geschehen?« »Alfred ist gestorben!«
»Das ist eine eigenartige Feier«, sagt Dotties Schwester während eines Goldenen Hochzeitsjubiläums. Wenige Augenblicke später stirbt der Jubilar. Alle denken, es war ein Herzinfarkt. Dottie ist sich sicher: Der Mann wurde vergiftet. Niemand glaubt ihr. Bis es den nächsten Toten gibt ...
Thomas Tradigist Goldene Morde
Thomas Tradigist Goldene Morde
Ein Fall für Dottie und Cissy
Taschenbuch, 280 Seiten, Softcover
ISBN 978-3-99125-502-4
€12,90 inkl. USt.
Hardcover, 280 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-99125-503-1
€21,90 inkl. USt.
E-Book ISBN 978-3-99125-506-2
€10,90 inkl. USt.
Ihr Exemplar mit Widmung direkt beim Autor oder bei myMorawa erhältlich.
Zu finden im Buchhandel ihres Vertrauen und bei:
myMorawa, Thalia, Hugendubel und Amazon
Nina betritt das Stiegenhaus. Lauscht. Leuchtet umher. Sie steigt die Stufen in den oberen Stock empor. Langsam, behutsam und leise. Das Holz knarrt. Oben angekommen blickt sie um die Ecke. Sie huscht den Flur entlang bis zur Schlafzimmertüre. Drückt sie vorsichtig auf. Nina geht ins Schlafzimmer. Ihre Stiefel versinken im Teppich. Sie schwenkt mit ihrer Taschenlampe hin und her. Sieht sich um. Das Bett, es ist benutzt. Vor dem Fenster steht ein Schminktisch. Rasch geht sie dorthin. Nina nimmt den Sturzhelm ab und legt ihn auf den Tisch. Sie leuchtet den Krimskrams an, holt den Rucksack
vom Rücken und legt ihn auf den Tisch. Öffnet ihn. Sie greift hinein, nimmt das Collier und die Visitenkarte in die rechte Hand. ›Mit den besten Empfehlungen, herzlichst, Crazy Scarlett!‹ Nina lächelt. »Halt! Keine Bewegung! Oder ich schieße!« Nina erstarrt. Es läuft ihr kalt über den Rücken. Langsam dreht sie sich um. Ein paar Schritte entfernt steht ein Mann. Nina leuchtet ihn an. Ins Gesicht. Blendet ihn. Er dreht den Kopf zur Seite und blinzelt. Sie leuchtet den Körper entlang. Nach unten. Der Mann steckt in einem blauen Morgenmantel. Und in Pantoffeln aus Filz mit
rotem Karo. Irgendwie fühlt sich die ganze Situation lächerlich an. Aber seine Arme sind ausgestreckt. Auf sie gerichtet. Die Hände umfassen etwas. Krallen sich fest. An einem kleinen Stück Metall. An einer Pistole. Nina lässt die Taschenlampe fallen. Hört den Knall …
»Ich müßte etwas Kriminelles tun, irgendeine kleine, nette Gaunerei«, sagt Nina. Und schon hat sie die Idee geboren, zusammen mit ihrer besten Freundin auf Einbruchstour zu gehen. Damit will sie ihren reichen Vater ärgern. Doch die Sache läuft aus dem Ruder. Als die beiden in die Villa der Wiener Bürgermeisterin einbrechen, treffen sie auf einen Mann, der bewaffnet ist. Und er schießt. Von nun an müssen sich Chefinspektor Paul Parotti und sein Team die Frage stellen, ob mehr hinter der Sache steckt.
Thomas Tradigist Skrupellose Morde
Thomas Tradigist Skrupellose Morde
Paul Parotti und sein Team ermitteln
Taschenbuch, 280 Seiten, Softcover
ISBN: 978-3-99084-419-9
€12,90 inkl. USt.
Hardcover, 280 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-99084-420-5
€21,90 inkl. USt.
E-Book ISBN: 978-3-99084-240-9
€10,90 inkl. USt.
Ihr Exemplar mit Widmung direkt beim Autor oder bei myMorawa erhältlich.
Zu finden im Buchhandel ihres Vertrauen und bei:
myMorawa, Thalia, Hugendubel und Amazon